1. |
dem ausgang zu
04:36
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DEM AUSGANG ZU
die nachtvögel tragen brennende laternen
im gebälk ihrer augen.
sie lenken zarte gespenster und fahren auf
zartadrigen wagen.
das schwarze schaukelpferd ist vor den berg
gespannt.
die toten tragen sägen und stämme zur
mole herbei.
aus den kröpfen der vögel stürzen die ernten
auf die tennen aus eisen.
die engel landen in körben aus luft.
die fische ergreifen den wanderstab und
rollen in sternen dem ausgang zu.
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2. |
blumen
02:08
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BLUMEN
vor den kunkelstuben jagen die löwen spin-
nen und prinzen ungeheuer aus salz und blumen.
die spinnen jagen die prinzen.
die prinzen geleiten die jagenden löwen in
blumen.
die spinnen jagen die spinnerinnen.
die löwen sind ungeheuer.
die spinnen sind aus salz.
die prinzen sind blumen.
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3. |
sekundenzeiger
02:14
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SEKUNDENZEIGER
dass ich als ich
ein und zwei ist
dass ich als ich
drei und vier ist
dass ich als ich
wieviel zeigt sie
dass ich als ich
tikt und takt sie
dass ich als ich
fünf und sechs ist
dass ich als ich
sieben acht ist
dass ich als ich
wenn sie steht sie
dass ich als ich
wenn sie geht sie
dass ich als ich
neun und zehn ist
dass ich als ich
elf und zwölf ist.
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4. |
im autonomobilen reich
04:39
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IM AUTONOMOBILEN REICH
1
zwei a drei a vier meter pfund
da hat er denn in seinem licht
den text zu einem halben wort
und misst den meter vom gewicht
drei dutzend a in einem hals
dreivierteltakt mit melodie
er weiss es wenn es wird und hat
und singt die or als thographie
verhocken ihren schwarzen hock
verstehen ihren schwarzen steh
ach bitte nehmen sie doch platz
bevor ich wieder weitergeh
2
als auf den venen etwas vor
und rede wenn ich sprechen soll
und dargetan durch meinen hals
so wird der tropfen endlich voll
pathemdentiertes ausserdem
das eine ihren sich bewegt
von früher bin ich es gewöhnt
als kralle an den schatz gelegt
gross dass er ruft für dass er ruft
hat er ihn immer um gewicht
den takt der würfel blasen quem
gestein in gala im gesicht
3
er kommt abhanden mit der hand
er kommt abfussen mit dem fuss
und trägt in seinem taschenfleisch
den aufgerollten redefluss
in acht und bann und neun und zehn
so übermannt und überfraut
dass keiner je sich je und je
und an der tafel nacktes kaut
er triptycht das grammatikkreuz
staniolverpackt als schwarzer spass
als einzahl mehrzahl rübezahl
als faselhans am faselfass
4
er trapeziert das publikum
das kruzifixundfertig ist
und sprachlos sich im leib verirrt
als gallonierter zivilist
wir zeigen an und wissen nichts
und keiner weiss wieviel es macht
und särge turnen an dem reck
und unser totenhemdchen kracht
quer durch die eierkolonie
und ohne boden in dem rang
die dolmen aus papier im mund
et cetera noch zentnerlang
5
klavier klasechs klaacht klazehn
das schwatz und plauderblei im mund
und sitzt auf dem siestabrett
und schwimmt davon als letztes pfund
als auf und quasten rede ich
wohin führt dieser weggenweg
nach i nach a nach o nach e
ein exemplar dient als beleg
ich mal mal eins das mumienmehl
es benefizt und malefizt
und bombastiert die falsche luft
wozu es aus den schwänzen blitzt
6
hochnehmst millionenmill um bitt
fallammelmahl fallobst toast
bum bum barind ruckturtelsack
und tabledhoten ihn vom ast
lammdi lammda im bretterbaum
im autonomobilen reich
allotria trio quartett
und hanst ihm backen in den streich
kumm kumm rindel delin ritz pfiff
bestockt beschirmt die adlerkrill
in scheiben roh gefrickt gefrackt
spiesshui der fieder schnabelschnill
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5. |
der gordische schlüssel
02:34
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DER GORDISCHE SCHLÜSSEL
Während die einen mit ihrer rechten Hand
auf ihre linke Hand
und mit ihrer linken Hand auf ihre rechte
Hand zeigen,
beide Hände voll zu tun haben
und dennoch auf keinen grünen Zweig kommen,
wachsen die andern auf Bäumen in den Himmel,
obwohl jemand da ist, der dafür zu sorgen hat,
dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Das raubt einem den Glauben an volle jen-
seitige Flaschen.
Verzweifelt lässt man Klausurlatein in den
Baumschulen widerhallen,
steigt als blinder Passagier in die Finanz-
sänften der anderen
und deckt seine Tränen mit Deckeln ohne
Runzeln zu.
Wenn das Volle vom Leeren betreten wird,
sagt man nur noch prosit,
lässt überhaupt aus sieben Sachen acht werden
und alle Neun in ein x-y-z-beliebiges Loch rollen.
Findet man schließlich in seinem Ahnen-
fett einen Regenbogen,
so wird es einem zu bunt,
und auf einen Zug leert mam seine Flasche
Mitgift,
steigt wie ein pflichtvergessener A-postata-
B-postata-C-postata-schütze
in seinen Kassenschrank,
schließt ihn gut von innen zu
und verschluckt den Schlüssel.
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6. |
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UNWESEN UND TREIBEN VERWIRRTER ENGEL
Die fahnenflüchtigen Engel summen wie Schnee.
Willkommen in der neuen Welt!
Wie durch Fässer ohne Boden
springen sie strahlend der Länge nach einer
durch den andern,
zersägen die Blitze auf dem Sägebock,
befreien die gefesselten Blumen
und werfen die Steine in das Meer.
Die Steine klammern sich verzweifelt an
ihre Lunge
wie die schiffbrüchigen Silben an die Blätter
der grünen Addition.
Hinter einer Barrikade von Liederbüchern
rufen die Engel Trumpf,
nehmen sich bei den behandschuhten Händen,
schlafen auf vierbeinigen Flüssigkeiten ein
und verwandeln sich in einen kreisrunden
Seelenlappen,
der eine Nasenlänge über die Unendlichkeit
hinausragt
und sich im atheistischen Schnürboden als
Körper ohne Namen vorstellt.
So stehen die Dinge im Jahre Eins.
Im Jahre Zwei hört die Flucht der Fahnen auf.
Der Ruf: „Willkommen in der neuen Welt“
ertönt nur noch bei ritschratschrituellen
Handlungen,
zum Beispiel, wenn ein Topf voll Zeit vom
Herd der Welt genommen wird.
Im Jahre Drei ist die neue Welt alt geworden.
Die Engel paginieren ihre Flügel
und wollen wie eine Masse vasenhäutigen
Scholarenwindes verduften.
Dieser Duft wird jedoch von einem gewissen
stärkeren Duft so gewaltig überduftet,
dass die Engel dabei in zwei gleich große
kalte Portionen zerfallen,
die schwarze Farbe bekennen,
dem „im Namen“ das „Amen“
und dem Anfang vom Gesang den Schluss
vom Lied folgen lassen,
während im ungebadeten Urtext
schließlich die Engel an die Deichseln der
Sterne gespannt werden
und mit dem Wahngebilde auf Nimmerwiedersehen
verschwinden.
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7. |
die unerspriessliche au
03:23
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DIE UNERSPRIESSLICHE AU
Herr von So und So
zerstampft seinen Papageien,
bis sich der Papa von der Mama scheidet,
bis sich der Papa von der Mama scheidet,
sagte ich,
und die Geien als Saft frei werden.
Die reifen Monokel fallen aus den Fleischwolken.
Die grauen Springbrunnen humpeln auf
Krücken fort.
In den Krallen fasst etwas festen Fuß,
und von den Hüten bis hinab in die Schuhe
trocknen die Selfmadeeuter ein.
Auf den Quecksilberwiesen
tanzen Quasten, Troddeln, Haare, Knochen,
Federn,
um ein elektrisches Herz.
Langsam werden die Gliederpuppen
schweigsamer und schweigsamer,
kälter und kälter.
Die steinalten Steine und die blutjungen Steine
spazieren zwischen dem Hintergrund und
dem Vordergrund
pflichtgemäß hin und her.
Es knackt in dem Busen der Luft.
Die mutierenden Stimmen der Pyramiden
versiegen.
Aus den Knopflöchern der Wolken
fallen die galvanisierten Hasenpfoten.
Unvermittelt springt Herr von So und So
mit einem schneidigen „qui vive“
in das Bodenlose.
Da aber das Bodenlose doch einen Boden hat,
sehen wir Herrn von So und So
resigniert wieder zu seinem Gähnstühlchen
zurückkehren,
Papa, Mama und Papagei lallen
und einschlummern.
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8. |
die graue zeit
04:07
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DIE GRAUE ZEIT
Ich fühle, wie die graue Zeit durch mich zieht.
Sie höhlt mich aus.
Sie bleicht meine Träume.
Sie zieht schon so lange durch mich.
Ich liege am Strand eines ausgeflossenen Meeres,
am Rand einer ungeheueren Muschel.
Es zerbröckelt, es verwittert um mich
und rinnt in die Tiefe.
Langsam zerfällt der Raum.
Ich liege am Strand eines ausgeflossenen Meeres,
am Rand einer ungeheueren Muschel.
Ein Mond glänzt darin.
Ein großes Auge,
eine große Perle,
eine große Träne glänzt darin.
Ich fühle, wie die graue Zeit durch mich zieht.
Sie zieht schon so lange durch mich.
Sie höhlt mich aus.
Sie bleicht meine Träume.
Ich erschauere und bebe.
Ich verwittere.
Wie verlassene, fahle Bauten stehen meine
Träume am Strand
eines ausgeflossenen Meeres,
am Rand einer ungeheueren Muschel.
Die Monde, Augen, Perlen, Tränen zerfallen.
Ich fühle, wie die graue Zeit durch mich zieht.
Ich träume schon so lange.
Ich träume mich grau in graue Tiefe.
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9. |
halb reh halb mädchen
03:10
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HALB REH HALB MÄDCHEN
Ein nacktes träumendes Geschöpf,
halb Reh, halb Mädchen,
lässt sich unter einem alten morschen Baume
in meinem träumenden Garten nieder.
Das nackte träumende Geschöpf,
halb Reh, halb Mädchen,
vertraut dem alten morschen Baume an,
dass die Augen nie erlöschen,
dass die Sterne nie verglühen,
dass die erde der Himmel sei.
Und der alte morsche Baum
beginnt zu grünen und zu blühen.
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10. |
ich bin der traum
01:16
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ICH BIN DER TRAUM
Hauche mich an,
lasse mich erstehen.
Hauche mich an,
lasse mich vergehen.
Hauche mich an,
nun bin ich Licht.
Ich bin der Traum,
der aus dir spricht.
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11. |
die ebene
03:32
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DIE EBENE
Ich befand mich allein mit einem Stuhl auf einer Ebene,
die sich in einen leeren Horizont verlor.
Die Ebene war fehlerlos asphaltiert.
Nichts, aber auch gar nichts außer mir und
dem Stuhl befand sich auf ihr.
Der Himmel war immerwährend blau.
Keine Sonne belebte ihn.
Ein unerklärliches, vernünftiges Licht erhellte
die endlose Ebene.
Wie künstlich aus einer anderen Sphäre
projiziert,
erschien mir dieser ewige Tag.
Ich hatte nie Schlaf, nie Hunger, nie Durst,
nie heiß, nie kalt.
Da sich nichts auf dieser Ebene ereignete
und veränderte,
war die Zeit nur ein abwegiges Gespenst.
Die Zeit lebte noch ein wenig in mir,
und dies hauptsächlich wegen des Stuhles.
Durch meine Beschäftigung mit ihm verlor
ich den Sinn für Vergangenes nicht ganz.
Ab und zu spannte ich mich, als sei ich ein
Pferd,vor den Stuhl
und trabte mit ihm bald im Kreis, bald
gerade aus.
Dass es gelang, nehme ich an,
ob es gelang, weiß ich nicht,
da sich ja im Raume nichts befand,
an dem ich meine Bewegung hätte nach-
prüfen können.
Saß ich auf dem Stuhl, so grübelte ich
traurig, aber nicht verzweifelt,
warum das Innere der Welt ein solches schwarzes
Licht ausstrahlte.
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12. |
sophie
08:41
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SOPHIE
Die Herzen sind Sterne,
die im Menschen blühen.
Alle Blumen sind Himmel.
Alle Himmel sind Blumen.
Alle Blumen glühen.
Alle Himmel blühen.
Ich spreche kleine, alltägliche Sätze
Leise für mich hin.
Um mir Mut zu machen,
Um mich zu verwirren,
Um das große Leid, die Hilflosigkeit,
in der wir leben, zu vergessen,
spreche ich kleine, einfältige Sätze.
Die Meere sind Blumen.
Die Wolken sind Blumen.
Die Sterne sind Blumen,
die im Himmel blühen.
Der Mond ist eine Blume.
Der Mond ist aber auch eine große Träne.
Alle Blumen blühen für dich.
Alle Herzen glühen für dich.
Ich spreche kleine, einfältige Sätze
Leise für mich hin,
immerfort für mich hin.
Ich spreche kleine, alltägliche, geringe Sätze.
Ich spreche wie die geringen Glocken,
die sich wiederholen und wiederholen.
Sophie ist ein Himmel.
Sophie ist ein Stern.
Sophie ist eine Blume.
Alle Blumen blühen,
blühen für dich.
Alle Herzen glühen,
glühen für dich.
Nun bist du fortgegangen.
Was soll ich hier gehen und stehen.
Ich habe nur ein Verlangen.
Ich will dich wiedersehen.
Wir zogen hell
Durch Glanz und Duft.
Nun tut das Licht mir weh
und niemand ruft
und zeigt mir eine Blume
oder einen Stern.
Es blüht im Himmelsgrund
zwischen Dunkelheit und Licht
strahlend wie ein Stern
dein gütiges Gesicht.
Du bist ein Stern
und träumst in Gottes lichter Blume.
Ich mag nicht weitergehen.
Ich will auch schlafen.
Sie wie du schläfst
In Gold und tiefer Ferne
In einem reinen Wiegen.
Verloren wie der alte Mond,
der schon viel tausend Jahre stirbt,
Ist dieser arme Tränenmensch,
der um die tote Rose wirbt.
Wie schnell vergeht ein Leben
In Gottes lichtem Dunkel.
Kaum ist heute gesagt,
ist morgen schon vergangen.
Und so vergehen die Jahre
mit Spielen, Träumen, Säumen.
Und so vergeht die Zeit
in der die Blumen schweben.
Wann blühen wir wieder
vereint an Gottes lichtem Strauch?
Wann ruhe Ich für immer
In deinem reinen Hauch?
Du lächeltest
um nicht zu weinen.
Du lächeltest,
als würden lange noch
die guten Tage scheinen.
Deine Flügel glänzten
wie junge Blätter.
Dein Gesicht
war ein weißer Stern.
Seitdem du gestorben bist,
danke ich jedem vergehenden Tag.
Jeder vergangene Tag
bringt mich dir näher.
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mondblume Berlin, Germany
mondblume
Leo Auri
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Gunilla
Göttlicher
Die Meere sind Blumen. Die Wolken sind Blumen. Die Sterne sind Blumen, die im Himmel blühen. Der Mond ist eine Blume. Der Mond ist aber auch eine grosse Träne.
-Jean Arp
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